Wir, Martin Steuber und Christoph Bley, laden im Mai 2016 zu einem besonderen Kurs für klassische Gitarristen ein. Zwei Themenbereiche werden intensiv bearbeitet, die sich großartig ergänzen und einer neu interpretierten historischen Spielpraxis Zugang verschaffen. 

„Improvisation“ ersetzt den in den letzten Jahren verwendeten Titel Griffbrettsystematik. Aber auch zuletzt stand sie im Vordergrund. Die Strukturen auf dem Griffbrett zu erkennen und praktisch mit ihnen umzugehen öffnet für Gitarristen viele Wege, wenn es um Akkordspiel, Theorie, Blattlesen und eben Improvisation geht. So ist Improvisation in unserem Kurs einerseits ein Weg, der das tägliche Üben begleiten kann, andererseits das Ziel: eine freie Form des Musizierens. Stilistisch wird uns Martin Steuber in die Generalbasspraxis einführen, so dass wir auf diese Weise einen anderen Blick auf barocke Formen bekommen und sie anders interpretierten können.

Der Unterricht wird in der Gruppe stattfinden. Die Einheiten an den Kurstagen sind so aufgebaut, dass zuerst Grundlagen geschaffen werden, um zuletzt spontan Generalbassfiguren umzusetzen. Dabei soll das Material spielerisch gemeinsam geübt werden.

Generalbass für Gitarristen

Ziel des Kurses ist es,den sogenannten Basso continuo lesen, verstehen und spielen zu können. Der Basso continuo, oder Generalbass ist eine Spielpraxis, die in der Zeit von ca. 1600 bis in das späte 18. Jahrhundert das Gerüst der Musik darstellte. 

Da es die Gitarre in unserer heutigen Form damals nicht existierte, ist die Aufgabe nur kreativ umzusetzen. Das theoretische Verständnis soll sofort durch praktische Anwendung unterlegt werden: es wird sofort in barocker Manier miteinander musiziert werden. Dabei wird nicht zuletzt improvisiert, eine Musizierpraxis, die in der Renaissance und im Barock üblich war. Das hierbei erlangte Verständnis zur adäquaten Darstellung des Barocken Stils wird sich in Musik anderer Epochen als inspirierend erweisen.

Die Teilnehmer werden durch den Kurs in der Lage sein aus originalen Quellen eigene Fassungen barocker Musik zu erstellen und nicht mehr ausschließlich auf Editionen angewiesen sein müssen. 

Des weiteren wird durch das Verstehen des Generalbassspiels ein erweiterndes harmonisches Verständnis gefördert und ein praktischer Pfad zu theoretischen Grundlagen erschlossen.

Improvisation für klassische Gitarristen

Schon immer hatte ich das Gefühl, dass, verglichen mit anderen Instrumentalisten, Gitarristen schlecht Noten lesen können und sich überhaupt auf ihrem Instrument, speziell natürlich dem Griffbrett, schlecht auskennen. Blattspiel ist schwer und für Akkorde und Tonleitern werden häufig Griffbilder als Krücken genutzt … 

Ist das der Schwierigkeit des Instruments, dem Abstrakten des Griffbretts geschuldet? Liegt es am „Standardrepertoire“, welches den Gitarristen selten in hohe Lagen und entlegenere Tonarten lockt? Können andere Musiker von ihrer Tätigkeit in Orchester und Kammermusik vielleicht so stark profitieren, dass der klassische Gitarrist deswegen scheinbar abseits auf verlorenem Posten an seinem Fußbänkchen sitzt? 

Nicht selten steht der Satz: „Ich muss mehr üben!“ als Lösungsansatz im Raum. 

Im Zentrum des Problems scheint mir aber dieses seltsame Griffbrett mit seinen sechs in Quart- und Terzabstand verschobenen chromatischen „Manualen“ zu stehen. 

Mein Kurs soll nun das Griffbrett bei Standardstimmung, vor allem in Bezug auf tonale Musik, erhellen. (Letzterer Hinweis ist wichtig, weil es nicht darum geht, einfach alle Töne zu lernen.) Einerseits wird in vielen Übungen der „Weiße-Tasten-Blick“ geschult, es wird also ein Zustand erreicht werden, der die Stammtöne hervortreten lässt, ein Zustand, von dem aus wir alle Tonarten lagen- und positionsunabhängig erreichen werden. An dieser Stelle werden Praxis und Theorie eng zusammenrücken. Kenntnislücken im Bereich der Theorie werden nebenbei ganz praktisch geschlossen.

Zum zweiten werden über ein Visualisationssystem einzelne Töne, später Akkorde und Tonleitern, innerhalb einer Oktave sichtbar gemacht, um unabhängig von Lage und Position ein besseres Verständnis der Intervallstrukturen (auf der Gitarre und im Allgemeinen) zu erlangen. Oktavieren wird erleichtert, Zusammenhänge und Beziehungen unterschiedlicher Klänge werden verdeutlicht.

Beiden Ansätzen stand die Frage Pate: Wodurch können auf der Klaviatur des Pianisten theoretische Zusammenhänge so gut sichtbar gemacht werden? Dass dies auf dem Gitarrengriffbrett ähnlich möglich ist, lernte ich in der Beschäftigung mit der Jazz- und Popularmusik, in der gerade in Bezug auf Improvisation die oben genannten Hürden unbedingt genommen werden müssen. 

Der Kurs wendet sich also an klassische Gitarristen, die sich durch die Beschaffenheit des Griffbretts in seiner Struktur limitiert fühlen und ihr kreatives Potential besser ausschöpfen möchten. Wir werden alle Übungen in der Gruppe machen, trotz möglicher kleinerer theoretischer Exkurse steht die praktische, beGREIFbare Arbeit im Vordergrund! 

Dozenten

Martin Steuber Studium an den Musikhochschulen Leipzig, Weimar (Prof. Monika Rost) und Würzburg (Prof. Jürgen Ruck), Studium historischer Zupfinstrumente an der UdK Berlin (Björn Colell); studienbegleitend Unterricht und Meisterkurse u.a. bei Hopkinson Smith, Konrad Ragossnig, Leo Brouwer, Thomas Müller–Pering, Carlo Marchione, Joaquin Clerch, Tom Pauwels (Darmstädter Ferienkurse); Preisträger und Finalist internationaler Wettbewerbe in Holland und Italien; seit 2011 Lehrauftrag am Institut für Musik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Auftritte u.a. bei Festivals wie „MDR–Musiksommer“, „Mendelssohn–Festtage“, „Grame Lyon“, „Poznan Festival for contemporary music“; Konzerte in Deutschland, Spanien, Frankreich, Holland, Ungarn, Polen, China, Japan und den USA

Christoph Bley spielt seit 1990 Gitarre; Studium der klassischen Gitarre und Jazz/Popularmusik in Weimar, Malmö und Leipzig bei u. a. Hubert Käppel, Thomas Müller-Pering, Gunnar Spjuth, Göran Söllscher; Meisterkurse bei u. a. Bret Willmott, Julian Argüelles, Gary Campbell, Erling Möldrup, Oscar Ghiglia, Johannes Monno; unterrichtet seit 2002 klassische und elektrische Gitarre; lebt als freischaffender Musiker in Leipzig.

Ort

Der Kurs findet nahe Prietzen, 80 km westlich von Berlin, statt. Dort, idyllisch umgeben von der Natur, sind die Teilnehmer im Prietzenhof, auf fünf Zimmer verteilt, untergebracht. Der Vierseitenhof bietet mit seinen 3000 qm Hof- und Gartenfläche und dem dazugehörigen großen Feld viel Platz. Der Gülper See, Teil des Naturschutzgebietes Untere Havel, liegt am westlichen Feldrand ca. 500 Meter entfernt. Er bietet die Kulisse für wunderschöne Sonnenuntergänge und der Einflug der Kraniche und Gänse lässt sich gut beobachten.

Kosten

Kursgebühr und Unterkunft: 300€ für die gesamte Zeit

Verpflegung:
Wir werden uns in Prietzen selbst versorgen. Die Kosten werden am Ende des Kurses auf alle Teilnehmer verteilt.

Anreise:
Für die Anreise muss jeder Teilnehmer selber sorgen. Wir wollen gerne helfen, Fahrgemeinschaften zu organisieren.

Anmeldung

Die Anmeldung erfolgt schriftlich. Bitte per Mail oder Telefon nach freien Plätzen erkundigen. Eine PDF mit dem Formular wird zugesendet! Die Anmeldung ist erst nach Eingang der Kursgebühr gültig. 

Bei Rücktritt nach dem 01.03.2016 kann die Kursgebühr nicht rückerstattet werden. 

Bitte beachten Sie, dass die Teilnehmerzahl auf 10 beschränkt ist!!! 

Versicherung

Der Veranstalter haftet weder für die Beschädigung noch den Verlust von Musikinstrumenten oder anderen Wertgegenständen. Jeder Teilnehmer hat für seine medizinische Versorgung und Versicherung selbst zu sorgen.

Bei Fragen stehen wir gerne telefonisch zur Verfügung

Kontakt

Christoph Bley

0178-1364475
christophbley[at]gmx.de